Selbstständig als Freiberufler – unser Freiberufler-ABC
Nicht jeder der sich Freiberufler nennt, ist nach dem Gesetz auch tatsächlich jemand, dessen Tätigkeit den Freien Berufen zuzuordnen ist. Ob jemand freiberuflich selbstständig ist, regeln im Wesentlichen der § 18 des Einkommensteuergesetzes bzw. der § 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes – soweit die gesetzlichen Grundlagen. Aber warum ist es so wichtig, die Frage nach gewerblicher oder freiberuflicher Tätigkeit sauber zu klären? Einige Antworten finden Sie in unserem Freiberufler-ABC
Die Freien Berufe gliedern sich in eine Vielzahl verschiedener Berufsgruppen. Bei einer freiberuflichen Existenzgründung gibt es zum Teil besondere Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen. In einigen Branchen sind Einschränkungen in der Vermarktung zu beachten oder es treten sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten auf. Die Finanzämter prüfen gerade bei neuen Ausprägungen einer beruflichen Tätigkeit oft auch genauer, ob es sich nicht doch um ein Gewerbe handelt, denn dann entstehen andere Steuer-, manchmal auch Buchführungspflichten. Diese Abgrenzung zwischen Freiberuflichkeit und Gewerbe ist nicht immer einfach.
Deshalb ist eine individuelle Beratung immer anzuraten.
Unser Freiberufler-ABC
Hier finden Sie in unseren Stichpunkten eine Reihe von Informationen, die beim Aufbau einer freiberuflichen Selbstständigkeit interessant und hilfreich sind.
A wie
Abgrenzung Gewerbe/Freier Beruf:
Wichtig für Steuerpflicht, Kammerzugehörigkeit, Rechtsformwahl uvm. – Was sind freie Berufe?
Arbeitslosenversicherung:
Freiwillige Versicherung für Gründer mit vorherigem Bezug von Arbeitslosengeld I – zuständig: Agentur für Arbeit
B wie
Berufsgenossenschaft:
Gesetzliche Unfallversicherung – Pflicht für alle Mitarbeiter und für Freiberufler bestimmter Berufsgruppen (u.a. einige Gesundheitsberufe)- zuständig: Berufsgenossenschaft der Branche
Businessplan:
Pflicht bei der Beantragung von Gründungsförderung – sinnvoll als vollständige oder Teilplanung bei allen Fördermittelanträgen oder Finanzierungsvorhaben – Hinweise unter der Rubrik Downloads
Buchführung:
Pflicht zur Erfassung aller Geschäftsvorgänge anhand von Belegen auch für Freiberufler (chronologische Reihenfolge und nach Einnahme-/Ausgabearten) – für Kapitalgesellschaften besteht Bilanzierungspflicht
C wie
Coaching:
Individuelle Unterstützung durch spezialisierte Berater zum Ausbau der freiberuflichen Tätigkeit- eine Förderung ist in vielen Fällen möglich (bei Beraterauswahl beachten) – nicht förderfähig sind u.a. Steuer-, Rechts- und Versicherungsberatung – weitere Hinweise im Teil Fördermittelberatung
Crowdfunding
relativ junge Finanzierungsform zur Projektfinanzierung auch für Freiberufler (manchmal auch Schwarmfinanzierung genannt) – Recherche erforderlich
D wie
Darlehen:
Häufigste Finanzierungsform, wenn kein ausreichendes Eigenkapital vorhanden ist. Vergleichen Sie vor Kreditaufnahme alle Konditionen (Laufzeit, Sicherheiten, Zinssatz usw.). Es gibt für viele Finanzierungsbedarfe geförderte Darlehen auch für Freiberufler. Aufgrund dieser Vielfalt ist eine individuelle Beratung sinnvoll – weitere Hinweise
E wie
Einkommensteuer
Freiberufler haben Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu versteuern. Grundlage für die Berechnung bilden der Gewinn und die entsprechend dem Einkommensteuergesetz geltenden Ermittlungsgrundlagen. In jedem Fall ist eine Einkommensteuererklärung abzugeben – zuständig: Finanzamt
Einnahme-Überschuss-Rechnung
Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz, die für den Großteil der Freiberufler anzuwenden ist, Ausnahme: Kapitalgesellschaften
zuständig: Finanzamt/ Steuerberater
F wie
Fachkundige Stellungnahme:
wird bei einer Tragfähigkeitsprüfung bei Existenzgründungen oder anderen Förderanträgen erstellt – weitere Hinweise
Faktoring
eine Finanzierungsmöglichkeit zur Erweiterung der betrieblichen Liquidität (Forderungsabkauf durch Faktoringunternehmen) – auch für Freiberufler möglich
Fördermittel:
Zuschüsse oder andere Sonderformen der Finanzierung zur Unterstützung der Existenzgründung, Praxis- und Geschäftserweiterungen, Weiterbildung und vieler anderer Vorhaben von Freiberuflern – unsere Fördermittelrecherche
Freie Mitarbeit/ Freelancer
selbstständig arbeitende Freiberufler oder Gewerbetreibende – Ausgestaltung der Verträge wichtig – Statusfeststellung durch die Dt. Rentenversicherung sinnvoll (Abgrenzung Arbeitnehmer)
G wie
Gemeinschaftspraxis/-kanzlei/-büro:
Form der Zusammenarbeit, in der die Teilhaber auf gemeinsame Rechnung, mit gemeinsamen Risiko arbeiten – vertragliche/steuerliche Besonderheiten
Gewerbesteuer:
besteuert den Gewerbebetrieb – deshalb für Freiberufler nicht zutreffend
H wie
Haftpflichtversicherung
Freiberufler haften wie alle Selbstständigen für die Schäden, die aus ihrer Tätigkeit entstehen. Ob Berufs-, Betriebs- oder Vermögenschadenshaftpflicht – diese Absicherung ist deshalb für jeden Freiberufler unerlässlich, bei einigen Berufsgruppen eine Pflichtversicherung.
I wie
Innovation
ist die Königsdisziplin eines jeden Freiberuflers – nicht immer muss man das Rad neu erfinden, aber das richtige Alleinstellungsmerkmal am Markt sollte vorhanden sein – Geschäftsfelder entwickeln
J wie
Jahresabschluss
Auch Freiberufler sind verpflichtet, den Gewinn in jährlich festzustellen und diesen im Rahmen der Steuererklärung dem Finanzamt mitzuteilen. Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr – zuständig: Finanzamt
K wie
Krankenversicherung
ist inklusive der Pflegeversicherung auch für Freiberufler Pflicht. Es besteht die Möglichkeit, sich freiwillig gesetzlich oder privat zu versichern. Vor dem Schritt in eine private Krankenversicherung ist eine genaue Prüfung erforderlich, denn die Rückkehr in die gesetzliche Versicherung ist nur in besonderen Einzelfällen möglich – zuständig: Krankenversicherungsträger
Künstlersozialkasse
Sozialversicherung für Künstler und Publizisten – individuelle Prüfung der Aufnahmekriterien. Bei Mitgliedschaft verringern sich die Beiträge zur Kranken-/ Pflege- und Rentenversicherung auf jeweils 50 % – zuständig: Künstlersozialkasse
L wie
Leasing
eine Finanzierungsform – Erwerb des Nutzungsrechts/nicht Eigentum am Gegenstand, Abschluss eines besonders gestalteten Mietvertrages – interessant gerade für Freiberufler mit wenig Betriebsausgaben, liquiditätsschonend
M wie
Marketing
unverzichtbar für jeden Selbstständigen – Marktanalyse, Angebotsstruktur, Konkurrenzsituation, Kundenakquise, Werbung/Öffentlichkeitsarbeit gehören dazu. Die Besonderheit: Freiberufler erbringen Dienstleistungen – Dienstleistungsmarketing ist anders als Konsumgütermarketing. Insbesondere für Heilberufe gibt es berufsrechtliche Einschränkungen bei der Werbung
N wie
Nebenerwerb
Selbstständigkeit kann auch im Nebenerwerb- ergänzend zum Anstellungsverhältnis oder in der Arbeitslosigkeit – ausgeübt werden – es handelt sich verdienst- und stundenmäßig um eine geringfügige Selbstständigkeit- auch für Freiberufler möglich – dabei gelten alle Rahmenbedingungen für die ausgeübte Tätigkeit wie im Haupterwerb, lediglich bei der sozialen Absicherung gibt es Besonderheiten.
O wie
Online
Im Internet präsent zu sein, ist für auch für Freiberufler unerlässlich- dazu gehört eine aussagekräftige Webseite. Aber auch Einträge in Foren, Blogs oder Beiträge als Gastautor bei Netzwerkpartnern und die Nutzung von Social Media-Plattformen können die Bekanntheit steigern.
P wie
Partnerschaftsgesellschaft
eine Rechtsform, die ausschließlich Freiberuflern vorbehalten ist. Es handelt sich um eine Personengesellschaft, die durch schriftlichen Vertrag entsteht, bei der jedoch anders als z.B. bei der GbR die persönliche Haftung der Gesellschaft in ausgewählten Bereichen beschränkt werden kann.
Praxis-/ Bürogemeinschaft
eine Kooperation von Freiberuflern, bei der jedes Mitglied auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko arbeitet. Es werden lediglich bestimmte Ressourcen gemeinsam genutzt und die Kosten nach einem vereinbarten Schlüssel aufgeteilt.
Q wie
Querdenken
ist die Grundvoraussetzung für Innovationen. Wer als Freiberufler Mut hat zum Querdenken, Bestehendes in seiner Branche hinterfragt und neue Ideen entwickelt, wird sich erfolgreich von seinen Mitbewerbern abheben – neue Geschäftsideen finden
R wie
Rentenversicherung
Die Mehrzahl der Freiberufler unterliegen nicht der Rentenversicherungspflicht und können eine Altersvorsorge nach ihrer Wahl aufbauen. Dies ist anders bei den verkammerten Freien Berufe (Versorgungswerke), bei Künstlern und Publizisten, Lehrer und Pflegepersonen sowie Hebammen und einige Heilhilfsberufe (§ 2 SGB VI) – für diese Personen besteht Rentenversicherungspflicht – zuständig: Rentenversicherungsträger
S wie
Scheinselbstständigkeit/arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit
Problematisch ist die Tätigkeit insbesondere als Freier Mitarbeiter/Freelancer.
Die Kriterien einer Selbstständigkeit müssen erfüllt sein (unternehmerisches Risiko, weisungsunabhängig, nicht fest in ien Arbeitsablauf und die Organisation der Auftraggeber eingebunden, Dauer der Arbeitszeit nicht festgelegt). Wichtig ist ebenfalls für jeden Freiberufler, nicht nur überwiegend für einen Auftraggeber tätig zu sein. Im negativen Fall droht die Rentenversicherungspflicht oder schlimmstenfalls die rückwirkende Einstufung als Arbeitnehmer mit den entsprechenden Beitragspflichten auch für den Auftraggeber – zuständig: Sozialversicherungsträger
T wie
Trends
Auch in den für Freiberufler typischen Branchen und Dienstleistungsbereichen gibt es immer wieder neue Trends, verändern sich die gesetzlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Nur wer sein unternehmerisches Umfeld regelmäßig scannt und Trends rechtzeitig erkennt, kann neue Geschäftsfelder besetzen-
U wie
Umsatzsteuer
Die Umsatzsteuer ist nicht gewinn- sondern einnahmebezogen – auch Freiberufler sind Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Allerdings gibt es eine Reihe von Leistungen die umsatzsteuerbefreit sind oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Auch die Kleinunternehmerregelung kann im Einzelfall zutreffen – hier sind weitere Informationen einzuholen – zuständig: Steuerberater/Finanzamt
Urheberrecht
Viele Werke insbesondere im künstlerisch-publizistischen Bereich tätiger Freiberufler unterliegen dem Urheberrechtsschutz. Die Nutzung durch Fremde ist nur mit Zustimmung des Erstellers möglich. Dafür sollten in jedem Fall entsprechende Nutzungsverträge zur Rechtssicherheit geschlossen werden.
V wie
Verantwortung
Neben der allgemeinen unternehmerischen Verantwortung und Haftung für das eigene Tun sind die Freiberufler auch dem Gemeinwohl verpflichtet. Sie arbeiten in vielen Bereichen, die für die Menschen besonders wichtig oder allgemein interessant sind (z.B . Gesundheitsvorsorge, Rechtsordnung oder Kultur)- daraus entsteht eine besondere Verantwortung, deren sich jeder Freiberufler bewusst sein sollte.
W wie
Werbung
Ohne aktive Werbung und Öffentlichkeitsarbeit kommt kein Freiberufler aus. Insgesamt orientiert sich deren Ausgestaltung auch an der besonderen Verantwortung, die viele Freiberufler tragen. Bei einigen Berufsgruppen gibt deshalb auch Einschränkungen – z.B. bei Heilberufen bzw. im Heilmittelrecht.
X wie
X-beliebig
sollte die Praxis, das Büro, die Kanzlei, das Unternehmen eines Freiberuflers nicht sein: eigene Stärken herausfinden, Alleinstellungsmerkmale definieren, keinen Bauchladen anbieten – sich dem Kunden gegenüber klar positionieren, das ist eine Aufgabe, die auch jeder Freiberufler erledigen muss.
Y wie
Yttrium
Freiberufler arbeiten häufig in Berufen, wo die Verwendung von Fachbegriffen üblich ist- aus Sicht der Patienten/ Klienten/ Kunden oft schwer zu verstehen. Es macht sympathisch, diese Begriffe zu “übersetzen” und auch die Sprache der Kunden zu sprechen.
Z wie
Zulassungsvoraussetzungen
Um eine freiberufliche Tätigkeit selbstständig ausüben zu können, sind häufig besondere Berufsabschlüsse oder andere den Branchengesetzen entsprechende Voraussetzungen zu erfüllen. Dies kann mit zusätzlichen Genehmigungen und Kosten verbunden sein. Deshalb gilt es sich rechtzeitig zu informieren – zuständig: Berufsständische Kammern, Fachverbände
Selbstständig als Freiberufler – ein Fazit
Viele Formalitäten und Denkansätze gelten auch für die Freiberufler oder Freelancer. Es gibt aber auch Besonderheiten, die zu beachten sind. Der Teufel liegt – wie immer – im Detail. Deshalb informieren Sie sich vom Vorfeld über mögliche Stolpersteine oder auch besondere Chancen.
Wir unterstützen Sie mit Fachkompetenz und langjähriger Beratungserfahrung – speziell in den Freien Berufen!
Vereinbaren Sie ein kostenloses Erstgespräch an unseren Standorten in Chemnitz, Zwickau oder Hof/S. – wir freuen darauf, Sie bei Ihrer Existenzgründung oder beim weiteren Unternehmensaufbau zu unterstützen! Unsere Beratungsleistungen sind vielfach förderfähig.
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